Vortrag & Diskussion: §166 – mehr als 150 Jahre Strafverfolgung wegen „Gotteslästerung“

#_LOCATIONMAP

Datum/Zeit
Date(s) - 01.10.2015
19:00 - 22:00

Kategorien


Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zum Sonderrecht der Kirche haben wir Gunnar Schedel eingeladen, der über den Blasphemie-Paragraphen referieren wird.

Einlass: 19 Uhr – Beginn: 19:30
Für die Durchführung dieser Veranstaltung sind wir auf Spenden angewiesen!

Ankündigungstext:

Nach dem Attentat auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ war vielerorts die Solidaritätsbekundung „Je suis Charlie“ zu sehen. Auch diverse Staatsvertreter*innen – darunter Angela Merkel – solidarisierten sich mit „Charlie Hebdo“. Dass dies bei vielen der Staatsvertreter*innen wenig mit dem Umgang mit Religionskritik und kritischen Journalist*innen, zu Hause zu tun hat, ist offensichtlich. Wie ist dies aber bei uns selbst?

Deutschland gilt vielen als weltanschaulich neutraler Staat, der Grundrechte wie Meinungs- und Religionsfreiheit schützt. Die Grenzen sind einerseits – wie allgemein üblich – durch das Verbot von Verleumdung und Beleidigung gesteckt. Andererseits genießen – neben dem Bundespräsidenten und Organen und Vertreter_innen ausländischer Staaten – Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen besonderen Schutz. Dieser wird durch den § 166 StGb* „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ geregelt. Es wurde immer mal wieder sowohl eine Verschärfung dieses Paragraphen wie auch dessen Abschaffung gefordert.

Gunnar Schedel stellt den Zensurparagraphen und seinen Einsatz durch die deutsche Justiz anhand zahlreicher Beispiele vor und zeigt, wie dieser seit über 100 Jahren gegen Kunst und Kritik eingesetzt wird. Vor diesem Hintergrund wird die Frage erörtert, was Satire alles darf und inwiefern die Debatte über ‚den Islam‘ in Deutschland die Antwort beeinflusst.

* § 166 StGb Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Gunnar Schedel, Gründer des Alibri Verlags, schreibt für die MIZ und hpd, sporadisch auch für analyse&kritik, Junge Welt, GWR und andere linke Medien